Es ist das erste Mal, daß Katrin vor mir wach ist. Gut, ich bin gestern auch sehr spät ins Bett gegangen. Ich sehe sie vom Balkon aus auf der Terrasse unten sitzen. Sie bemerkt mich und kommt kurze Zeit später mit einem frischen Kaffee hoch. Mit einem Gruß von Ali an mich.
Jetzt hat also der letzte Tag begonnen. Heute Abend ist Abreise, ich bin echt gespannt, wann denn nun der Check-Out ist und wir das Zimmer räumen müssen. An der Rezeption hat so niemand eine Ahnung, die müssen das noch abklären. Auf dem Zettel steht 12:00 Uhr, aber ich lasse doch nicht meine Koffer und Rucksäcke den ganzen Tag vor dem Eingang rumstehen. Außerdem will ich vor der Abreise noch duschen und frische Klamotten anziehen. Und ganz toll wäre es auch, wenn die Kids sich am Nachmittag nochmal schlafen legen können, damit die spätabends einigermaßen wach sind und wir sie nicht auch noch tragen müssen, wenn es zum Flughafen geht.
Oh Mann.
Was soll ich nur mit diesem Tag anstellen? Eigentlich will ich ja irgendwie nur noch heim, es ist verdammt nochmal keine Erholung, wenn man den Kindern alles erlauben soll und sich dann auch noch die schlechte Laune antun muß. Ja, ich habe immer noch Shycelaune wegen der Neidhammelei von gestern. David ist nach dem Aufstehen noch etwas verpeilt und schmeißt seine Schlafwindel in die Kloschüssel. Hmmm… shit happens. Immerhin ist das Frühstück so lecker, daß sich meine Laune etwas bessert.
09:00 – Noch einmal Rotes Meer
Wir packen unsere Badesachen und crèmen uns mit dem letzten Rest Sonnencrème ein, die Packung hat ziemlich genau für diesen Urlaub gereicht. Auf geht’s zum Kult-Shuttle, ich liebe dieses Gefährt und den Fahrer sowieso. Der ist einfach relaxt und immer fröhlich. Kurz vor dem Strand nimmt er David auf den Schoß und läßt ihn ans Steuer. David hupt und lenkt, der Fahrer erlaubt sich den Gag, beide Hände nach oben zu strecken. Da hält mal kurz der ganze Bus den Atem an. Alles kein Problem, David ist der geborene Busfahrer!
Heute herrscht guter Wind und es ziehen Wolken über dem Meer auf. Perfektes Wetter für die Kite-Surfer und auch für uns, es ist nicht mehr so glühend heiß wie die letzten Tage. Lilith und David buddeln am Ufer, Katrin versucht, ein Krokodil und eine eierlegende Schildkröte zu zaubern, die sehen richtig gut aus. Ich spaziere vor zur Riffkante, es ist gerade Ebbe, da kommt man fast trockenen Fußes hin. Es ist traurig, wie abgestorben das meiste hier ist.
Wir entdecken aber auch viel Leben, die Natur ist etwas abseits der touristischen Trampelpfade recht unbeeindruckt und zeigt sich von der schönen Seite. Lebende Muschelbänke halten sich am kargen Boden fest, Krebse und kleine Fische wimmeln um winzige Korallenbänke herum. Das macht Hoffnung.
Mit Lilith erkunden wir die Sandbänke und sie wundert sich über die kleinen Löcher mit den Krümeln aussenrum. Ich lasse sie beobachten und sie ist fasziniert, daß kleine Krabben diese Löcher und Krümel machen. Wir entdecken sogar Babykrabben, die sind ganz winzig und unglaublich schnell. Weiter vorne finden wir einen Einsiedlerkrebs und studieren den intensiv. Leider gibt es auch hier dumme Menschen, die die armen Tiere in Plastikbechern sammeln und in eine Trinkflasche sperren, um sie mit nach Russland zu nehmen. Manchmal bin ich echt froh, daß eines Tages die Menschheit aussterben wird.
11:00 Uhr – Bye Bye Red Sea
Wir verlassen den Strand und kehren ins Zimmer zurück, um die restlichen Sachen einzupacken und alles soweit fertig zu machen, daß wir heute Abend nur noch auschecken müssen. Wann genau das sein wird, wissen wir immer noch nicht. Nun, wie gesagt, ich glaube, Quantenphysik ist einfacher. Ich denke, daß wir um 23:30 Uhr am Hotelausgang sein müssen, dann passt es von der Zeit her eigentlich ganz gut.
Nach einem schnellen Mittagessen gehe ich mit David zum Frisör, er will unbedingt hin und der Laden hat auch auf. Mir geht der Figaro noch immer auf die Nerven wegen dieser komischen Zöpfchen, aber ich kann widerstehen. David bekommt einen feschen, frechen Haarschnitt und freut sich wie Sau darüber. Der sieht aber auch mal richtig cool aus. Ich stelle fest, daß ich noch Geld abheben muß, sonst wird’s knapp. Kurs ca. 1:20, also muß ich 2.000 Ägyptische Pfund abheben. Oh Mann, rechnen geht nicht, voll verpeilt, statt umgerechnet 50,–€ habe ich nun 100,–€ abgehoben. Nun gut, irgendwie kriege ich das Geld schon los.
Mit der neuen Frisur gehen wir Mama und Lilith überraschen, die sind hin und weg von dem coolen Typen! Lilith erzählt mir stolz, daß sie den gaaaanzen langen Pool durchgeschwommen ist. Ich schick die drei dann auch wieder zurück in den Pool und nutze das „kühlere“ Wetter, um doch noch shoppen zu gehen. Das mit dem Mittagschlaf wird ja eh nix, das war ja aber auch ein absurder Gedanke von mir.
Kaum aus dem Hotel draussen, muß ich feststellen, daß um diese Uhrzeit alle Läden zu haben. The fuck?!? Ein netter junger Taxifahrer klärt mich auf, es ist Ramadan und Freitag. Ahja, danke Herr Ramadan. Der junge Kerl meint, daß in der Stadt alle Läden auf sind und es dort eh alles besser und billiger gäbe. Nein, nicht bei seinem Schwager, sondern bei seinem Onkel. Nö, da habe ich kein Interesse. Er startet noch einen letzten Versuch, mich umzustimmen: „Yo, if You need Chicks or Hasch or something, no problem!“. Wenn ich denn einmal was erleben wolle… Er merkt aber recht schnell, daß ich nicht geneigt bin, sein Angebot anzunehmen. Zitat Pat: „Sorry! No Hasch, no Chicks, no Alcohol, Man! It’s Friday and Ramadan, you know?“. Wir beide lachen uns einen weg und gehen dann unserer Wege.
Tja, da es dieses Jahr wohl nichts wird mit shoppen, gehe ich zurück an die Pools und suche meine Familie. Die Wolken werden dichter, es wird doch wohl nicht zu regnen anfangen? Und wenn schon, so ein paar Tropfen auf den heißen Stein, das geht schon.
Wir machen ein letztes Mal alle Rutschen durch, roggen die Pools bis zum Sonnenuntergang und gehen dann auf’s Zimmer, duschen, umziehen und den Rest verstauen. In knapp fünf Stunden ist Check-Out. Einerseits schade, andererseits auch gut so. In einer Woche Hotelurlaub hat man alles erlebt, wir sogar ein wenig mehr. Im Guten (Mogli + Titanic Beach) wie im Schlechten (Dr. Abzock).
Die Koffer sind gepackt, wir könnten eigentlich schon los. Da wir aber erst um 23:30 Uhr in der Lobby abgeholt werden, haben wir noch reichlich Zeit. Eigentlich hatte ich gedacht, daß die beiden nochmal pennen, aber das wird nix. Wahrscheinlich pennen die fünf Minuten vor dem Check-Out ein.
19:00 Uhr – Geld loswerden
Das Abendessen schmeckt mir heute nicht so wirklich. Libanesische Küche steht auf dem Plan. Mir ist es zu scharf und hat zuviel Kardamom drin. Aber wurscht, s’git jo morge Veschpr bim Opi! Ond Schpätzle, wenn mir wiadr dahoim send! Und alkfreies Bier, da freue ich mich schon richtig drauf! Die Kinder essen wie gewohnt geschmacksfreie Nudeln, dieses Mal aber mit leckerer Sauce. Beim Dessert lange ich allerdings wieder zu, ich brauch ja irgendwie Kalorien, um mir meinen 500-Gramm-Urlaubsbauch anzufressen.
Wir bummeln noch ein wenig, holen ein paar Souvenirs und Snacks für den Flieger, feilschen noch um einen Lolli und ich bekomme doch noch zwei Red Sea Diver Shirts! Jawoll! Ohne die kann ich doch unmöglich aus Hurghada abreisen. Wir gehen wieder ins Zimmer und glotzen TV. Es läuft Darts, ganz große Show auf Schalke. Das ist die beste Einschlafmethode, nach ein paar Minuten pennen die Zwergen, Katrin nickt auch ein. Ich lese weiter mein Buch, stelle aber zur Sicherheit den Wecker im Handy. Das braucht’s aber nicht, weil ich eh nicht einschlafen kann. Würde sich für die zwei Stunden wohl auch nicht lohnen. Ich checke nochmal, ob wir alles vergessen haben, was hierbleiben darf, dann setze ich mich auf den Balkon und geniesse die Ruhe.
23:00 – Check Out
Ich versuche, Lilith und David zu wecken. Was mir nicht gelingt. Also tragen wir die zusammen mit unserem Handgepäck in die Lobby runter, da können die auf den bequemen Sofas weiterschlafen. Anschließend gehe ich hoch und melde der Rezeption, daß wir fertig sind. Der Service verspielt sich dann die letzten kümmerlichen Pluspunkte.
„Sollen wir Ihre Koffer abholen?“
„Ja, gerne doch.“
Tja, labern können die scheinbar ganz gut, aber Taten folgen lassen klappt nicht. Um kurz vor halb12 sind die Koffer noch immer nicht da, also gehe ich hoch und hole sie selber ab. Natürlich ist der Aufzug noch immer außer Betrieb und ich schleppe die beiden Koffer aus dem zweiten Stock runter. Und niemand zuckt auch nur mit der Wimper. Der einzige, der hier Service kann, ist mein Kaffeekellner, er bringt Katrin und mir guten Kaffee. Shokran, Ali!
Mit etwas Verzögerung kommt unser Shuttle und wir verfrachten Koffer und Kinder in dem kleinen Bus. Auf dem Weg zum Flughafen wachen beide auf. Wir fahren noch das „Alf Leila Wa Leila“ an, da waren wir 2012. Nach dem „Jungle Aqua Park“ und dem „Dana Beach“ geht es direkt Richtung Flughafen. Nun verlassen wir wirklich Hurghada.
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