Irgendwann im frühen Sommer 1973 habe ich das Licht der Welt erblickt.
Nach einer eher etwas durchwachsenen Kindheit und Jugend, in der ich ziemlich unentschlossen durch die Welt irrte, habe ich Ende des Milleniums mein Leben um 180° gedreht.
Dem Alkohol habe ich abgeschworen, die Techno- und Partyzeit war erst einmal passée.
Nach ein paar gesundheitlichen und auch privaten Problemen hatte ich mich soweit gefangen, daß mein Leben weitergehen konnte.
In der Zeit habe ich auch meine Frau kennengelernt, mit der ich heute noch recht glücklich zusammen bin. Mein größter Erfolg in meinem Leben ist wohl meine Familie (auch wenn das manchmal anstrengend ist…).
Aber wie bin ich zur Fotografie gekommen?
Abgesehen von ein paar Versuchen, mit einer analogen Taschenknipse Familienbilder zu machen, hatte ich bis 2004 nichts mit Fotografie zu tun.
Am schlimmsten fand (und finde) ich Fotos von mir. Wenn ich ab und zu mal über alte Fotoalben stolpere, frage ich mich echt, warum ich nie für Horrorfilme gecastet wurde.
Nun, 2004 war das Jahr, in dem ich begann, mich für Fotografie zu interessieren und auch zu begeistern.
Nach einer großen Knie-OP kurz vor meinem 31. Geburtstag mußte ich insgesamt neun Wochen an Krücken gehen und wäre vor Langeweile fast gestorben. Es war Sommer und ich konnte kaum etwas unternehmen. Tja, was soll man auch machen, wenn man die Beine nicht verwenden kann und die Arme für die Benutzung der Krücken verschwenden muß?
Ein paar Tage nach meinem Geburtstag kam mein großer Bruder mit einer billigen und recht einfachen, aber bereits digitalen, Hosentaschenknipse daher und meinte, ich könne eher damit etwas anfangen als er.
Klar. Ich. Der Typ, der noch nicht einmal auf Klassenfotos so richtig zu sehen war. Derjenige, der sowas von keinen Bock hatte, Blümchen, Tierchen und erst recht Menschlein zu fotografieren.
Aber wie es im Leben so ist, einige Leidenschaften erkennt man erst Jahre später.
Genau zehn Tage vor meiner Hochzeit ist das besagte Plastikteilchen kaputt gegangen und ich brauchte dringend Ersatz. Also habe ich einen Bekannten um Rat gebeten, der sich damit ziemlich gut auskennt. Ich sagte ihm, er solle mir eine Kamera schicken, die gute Fotos macht und ich nicht allzuviel dabei nachdenken muß. Aber bloß keine Hosentaschenknipse!
Er hat mir dann alles mögliche über DSLR, Wechselobjektive, DX-Format und anderen lustigen Begriffen erzählt, bei ISO, Blende, Weißabgleich und Co. bin ich dann ausgestiegen.
Bei 500,–€ für eine Nikon D60 mit allem Zubehör bin ich wieder eingestiegen. Weil ich dringend eine Kamera für meine Hochzeit brauchte.
Drei Tage später kam ein Paket von meinem Bekannten an, darin eine Nikon D60 mit zwei Objektiven. Ein riesiges Teil irgendwie. Lag aber sehr gut in der Hand und ich dachte mir, daß man bestimmt auch gute Fotos machen kann.
Nach der intensiven Studie der Gebrauchsanleitung wußte ich immerhin, wie man den Akku lädt, das Teil an einen PC anschließt und das Objektiv wechselt. Aber wie man Fotos macht…???
Auf ging’s zur ersten Probe, Garten passt, denn das Wetter ist gut, und die Blumen blühen. Dann halt doch eine Blume, naja. Nehmen wir mal die Sonnenblume.
Knips.
Die Rose ist auch toll.
Knips.
Cool, noch eine Sonnenblume.
Knips, Knips.
Und Nachbars Katze.
Knips, Knips, Knips.
Drei Stunden und 16GB später habe ich dann die Kamera an den PC angeschlossen. Als ich die Fotos dann durchgesehen hatte, war ich der Fotografie eigentlich schon verfallen.
Auf der Sonnenblume saß eine Biene.
Die Biene hatte Pollen an den Beinen.
Ich konnte die Pollen zählen!
Und auch die feinen Haare an den Beinen der Biene auf der Sonnenblume.
Mit diesem Foto bin ich dann in ein Fotostudio gegangen und habe darum gebeten, es mir als Poster auszudrucken. Welche Größe denn? Äähm… so groß wie möglich?!?
Das Foto hing in der Größe 80x60cm einige Zeit in meinem alten Zimmer, aber leider habe ich es nicht mehr gefunden. Aber irgendwo in den Untiefen meines Archivs ist es noch vorhanden.
Danach habe ich immer öfter fotografiert, das Teil auf Festivals und in Discos mitgenommen, die Schlittenhunde meines Bruders abgelichtet, viele Menschen portraitiert und weit über 100.000 Fotos gemacht. Von denen wohl 99.925 Kacke sind… 😉
Als meine Tochter auf die Welt kam, war die Priorität nur noch bei ihr, drei Jahre später bei ihr und meinem Sohn.
Aus welchen Blickwinkeln man ein Baby fotografieren kann, ist einfach erstaunlich.
Das war eine Zeit, in der ich fast nur noch für unsere privaten Fotoalben fotografiert habe. Aber irgendwann kam dann doch mal wieder der Reiz, Portraits zu machen, aber durch Familie, zu viel Arbeit und zu wenig Freizeit kam das Hobby einfach zu kurz.
Irgendwann ist dann mal die D60 gestorben, aber ich bewundere und respektiere nach wie vor die Leistung dieser Kamera. Über 200.000 Auslösungen! Für eine „günstige“ Spiegelreflex ist das eine super Leistung.
Als Ersatz habe ich mir dann eine D3300 zugelegt, weil die alten Objektive an ihr auch funktionierten.
Das war schon etwas besser, die Bilder waren schärfer und hatten eine bessere Auflösung.
Damit stand dem Neuanfang des Hobbys nichts mehr im Weg.
Nach dem Umzug von Ulm nach Laupheim habe ich mir einen Teil des Kellers als Studio ausgebaut, viel gelesen, gelernt, versucht, anders gemacht.
Irgendwann war der Zeitpunkt da: ich wollte wieder shooten. Mit Models und richtigen Sets.
Dann kam Corona…
Nichts war’s mit der glorreichen Zukunft als gefeierter Fotograf, der alsbald auf den roten Teppichen dieser Welt flanieren und mit den Supermodels alkoholfreien Schampus saufen würde. Hähähä.
Ich wollte also aufgeben, den ganzen Mist verkaufen und keine Fotos mehr machen.
So einfach war das aber nicht. Denn eine Bekannte hatte mir gesagt, daß ich unbedingt noch ein paar Portraits von ihr machen soll, da sie an einem Buch mitwirkt und dafür etwas für’s Cover braucht.
Mit größtmöglicher Unlust bin ich ihrem Wunsch nachgegangen und habe sie ins Studio eingeladen. Und es war irgendwie Magie.
Sie ist ein wunderbarer Mensch, ich mag sie wirklich total. Und sie hat das kleine Fünkchen Lust auf Fotos wieder angefacht.
Mit einem „Jetzt erst recht“ habe ich mein Fotoequipment neu ausgerichtet, mir endlich einmal gutes Werkzeug zugelegt (ich sag nur Vollformat!) und mich noch tiefer in die Fotografie gestürzt.
Der Rest… ist Geschichte.
So long…
Pat